Ägypten im Juli 2013Egypt in July 2013


Der Präsident unter Hausarrest !
Vor etwa zwei Jahren begann eine Revolution gegen die drei Jahrzehnte alte Militärdiktatur. Hauptsächlich junge Ägypter gingen auf die Straßen und brachten durch ihre Opferbereitschaft und Ausdauer die Macht von General Mubarak ins Schwanken. 

ägypten

 Erst spät sprang die traditionsreiche Organisation der Muslimbrüder auf den abfahrenden Zug der Revolution des Volkes. Weil die Muslimbrüder gut organisiert waren und eine große Anzahl von Mitgliedern hatten, schafften sie es mit Hilfe vieler anderer Persönlichkeiten und kleineren Organisationen die ersten freien Präsidentschaftswahlen für sich zu gewinnen. Nach etwa 80 Jahren erhielten die Muslimbrüder eine historische Chance, das Land zu regieren, doch haben sie versagt. Es ist wichtig diese negative Erfahrung zu analysieren.


1. Der erste vorgeschlagene Präsidentschaftskandidat der Muslimbrüder wurde abgelehnt, weil er während der Diktatur im Gefängnis gesessen hatte! Die Muslimbrüder nahmen dies einfach hin und Mursi wurde zum neuen Kandidaten ernannt. Dieses politische Verhalten ließ nichts Revolutionäres vermuten, sondern war eher ein Zeichen für den Willen zur Macht um jeden Preis.


2. Die Muslimbrüder haben sich nach der Übernahme der Regierung monopolistisch verhalten und nicht nur ihre Verbündeten vergrault, sondern sogar eigene Leute wie Abolfotuh ausgeschlossen.


3. Mursi nahm an Veranstaltungen der Salafisten teil, bei denen gegen Schiiten gehetzt wurde. Infolgedessen begannen Überfälle auf Schiiten. Bei einem dieser Überfälle wurde kurz vor Mursis Sturz ein geistlicher Führer der Schiiten auf schlimme Art und Weise getötet, doch die Regierung unternahm nichts.


4. Innenpolitisch verhielt sich Mursi stur und eigenwillig, obwohl die Verfassung mit nur ca. 20% aller stimmberechtigten Ägypter durchgegangen war und somit von einer Mehrheit der Ägypter nicht unterstützt wurde. Dieser großen Mehrheit wurde keine Beachtung geschenkt.


5. Mursi behielt die Machtstrukturen von Mubarak – das Militär, den Geheimdienst und die Sicherheitskräfte – bei und schenkte den Forderungen der Revolution nach tiefgreifenden Veränderungen keine Beachtung. Das Volk hatte den Sturz des diktatorischen Staates gefordert.


6. Die Beziehungen und die Zusammenarbeit mit den USA und Israel wurden beibehalten. Der für das ägyptische Volk demütigende Brief ihres gewählten Päsidenten an den israelischen Ministerpräsidenten war schockierend. Die Menschen hatten während der Revolution die israelische Botschaft gestürmt, Mursi hingegen hatte die israelische Botschaft schützen lassen. Dagegen blieb die von vielen erhoffte ägyptische Hilfe für die Palästinenser, insbesondere für Gaza, aus. Er hat nicht einmal den Camp David-Vertrag annulliert.


7. Mursi verhielt sich auf der Gipfelkonferenz der Blockfreien Länder in Teheran wie ein Pharao und ließ die iranische Botschaft in Kairo, die vor etwa 30 Jahren geschlossen wurde, nicht wieder öffnen.


8. Mursi brach eine Woche vor seinem Sturz die diplomatischen Beziehungen zu Syrien ab, schloss sich in der Syrienfrage dem saudischen und dem katarischen Regime sowie der Türkei an. Er intensivierte die Beziehungen zu Israel und den USA und stellte sich damit gegen den „Widerstand“ in der Region.


9. Parallel zu Ägypten verliefen 2011 die Revolutionen in Jemen und Bahrain. Nach der Machtübernahme in Ägypten unterstützten die Muslimbrüder diese Revolutionen mit keinem Wort.


10. Der Iran und der Irak hatten die Revolution in Ägypten gutgeheißen und der Muslimbrüderschaft ihre Zusammenarbeit angeboten. Mursi hatte sich aber, entgegen der Tradition der Gründer der Muslimbrüder, nicht für die Einheit der Muslime und die Zusammenarbeit mit Schiiten entschieden.


11. Der Diktator von Katar unterstützt die „freie Armee Syriens“ und der saudische Diktator die Al-Nasra-Terroristen. Diese beiden rivalisierenden Diktatoren werden von den USA gesteuert. Katar unterstützte in den letzten Jahren die Muslimbrüder finanziell und gewann somit unter den Führungskräften der Organisation an Einfluss. Die Muslimbrüder, also auch die Hamas, haben sich kaufen lassen, denn ihren alten Prinzipien blieben sie teilweise nicht treu.


12. Die Al-Azhar Universität, das wichtigste theologische Zentrum der Sunniten, wurde von der Regierung Mursi auf keinster Weise unterstützt, sondern im Gegenteil eingeschränkt. Der Scheich von Al-Azhar hatte keine mediale Möglichkeit das Volk aufzuklären.


Fazit:
– Die salafistische Denkweise hat sich offensichtlich auf die heutige Führung der Muslimbrüder übertragen, was eine ideologische Kursänderung bedeutet.


− Mursi berücksichtigte weder in der Innen- noch in der Außenpolitik die Erwartungen und Forderungen der Revolution und versuchte sich mit Hilfe der USA von außen und noch erhaltenen Strukturen des Mubarak-Regimes von innen, an der Macht zu halten. Der strategische Fehler bestand darin, sich nicht auf die Macht des Volkes zu stützen, was wiederum auf einen Fehler in der Denkweise der Führung der Muslimbrüder hinweist. Die Organisation wurde von den Amerikanern in die Irre geführt. Man dachte, mit amerkanischer Hilfe könne man seine Macht befestigen und verzichtete daher freiwillig auf die Unterstützung der Massen. Als Mursi sogar von Leuten aus eigenen Reihen im Stich gelassen wurde und keine große Basis mehr in der Gesellschaft zu haben schien, und gleichzeitig seine Gegner von den USA zu einer Einheit zusammengeführt wurden, setzte die Armee in Absprache mit der US-Regierung und mit Milliarden-Unterstützung aus Saudi Arabien und den arabischen Emiraten den mittlerweile sehr einsamen Präsidenten ab. Wer sich mit dem Teufel einlässt, darf kein besseres Schicksal erwarten. Mursi ist immernoch rechtmäßiger und frei gewählter Präsident, der von einer Mehrheit des Volkes aber nicht mehr gewollt ist, weil er sich mit falschen Verbündeten einließ.


– Die Muslimbrüder wurden in den letzten Wochen von den Sicherheitskräften unter Druck
gesetzt, ihre Führer wurden verhaftet oder wurden unter Hausarrest gestellt. Auf der anderen
Seite stellte ihnen der neu ernannte Ministerpräsident die Teilnahme an der Regierung in
Aussicht. Das heißt man möchte den Muslimbrüdern lediglich eine kleine, nicht
entscheidende politische Rolle einräumen.


– Nun müssen die Muslimbrüder sich nicht nur in der ägyptischen Gesellschaft, sondern in
allen sunnitischen Ländern neu positionieren und unter anderem zu den 12 genannten
Punkten neu Stellung beziehen. Ihr Schicksal wird hauptsächlich davon abhängen, was aber
einen Führungswechsel sowie die Rückbesinnung zu alten Werten voraussetzt – eine
Spaltung der Organisation ist demnach nicht mehr auszuschließen.


– Die Folgen der momentanen Situation der Muslimbrüder in Ägypten wird früher oder
später die türkische Regierung zu spüren bekommen. Ein Umdenken wäre angesagt, bevor
es zu spät ist. Die Erdogan-Regierung ist mit den meisten der 12 genannten Punkten
ebenso konfrontiert wie der verhaftete Mursi.


– Der amerikanische Plan zur Teilung der islamischen Länder (Sudan, Ägypten, Syrien, Irak,
Iran und Türkei) durch einen länderübergreifenden Terrorkrieg wird schrittweise
weitergeführt. Dies ist den Amerikanern nur deshalb möglich, weil sie es durch
Regierungen wie die der Türkei, Saudi Arabien, Katar, Jordanien und die arabischen Emirate
geschafft haben, gewisse „Typen“ in den arabischen Gesellschaften zu rekrutieren und gegen
Muslime kämpfen zu lassen. Oberflächlich betrachtet kämpfen Muslime gegen Muslime, aber
in Wahrheit kämpfen die NATO, arabische Diktatoren und Zionisten gemeinsam gegen den
islamischen Widerstand.


– Dieser Typus von Muslimen – ideologisierte brutale fanatische Söldner – soll in einem späteren Beitrag näher beschrieben und analysiert werden. Wir als Muslime kennen ihre historischen Wurzeln. Sie sind Nachkommen derjenigen Personen und Gruppen, die zu der Zeit des Propheten Muhammad (s) Hass gegen den wissenden und gerechten Ali (a) und seine Kinder hegten. Heute werden Grabmale und Mausoleen von Imam Ali und seinen Nachkommen in Syrien und Irak zerstört und geschändet.

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